Modell 9402

Ser. Nr. 44-75940
Baujahr 1994

Der Rechner lagerte unter suboptimalen Bedingungen und wurde vom Forum für Computergeschichte im Rahmen eines größeren Ankaufs mit erworben. Nach erfolgter Eingangsüberprüfung und Reinigung stellte sich heraus, dass eine Festplatte ausgefallen war und der Rechner nicht mehr bootet. Das Gerät diente danach lange Zeit als Anschauungsobjekt. Im Frühjahr 2016 gelang dann eine erste Inbetriebnahme.

 

Prozessor    Proprietär 48 Bit CISC
Taktfrequenz    n/a (5.5 bis >17 CPW)
Speicher    

32 MB RAM im linear adressierten Speicherpool ASP

Auxiliary Storage Pool

Massenspeicher    1 x QIC Bandlaufwerk 1GB
Schnittstellen3 x v24; 2x TWINAX
BetriebssystemIBM OS/400 V3R1M0 (Italienisch)

Besonderheiten: Dieses Mainframe System kann nur über Terminals kontrolliert und bedient werden. 

Lagerung des AS/400 (vorne, rechte Mitte) vor dem Erwerb durch das Forum für Computergeschichte
Im Frühjahr 2016 begann die Wiederherstellung des Rechners. Hier nur mit Operator Console

So wurde dann erst mal von der im Hintergrund stehenden Maschine die Operator Console abgeklemmt und mit dem dazugehörigen TWINAX Kabel an den PORT 0 des Rechners angeschlossen. Port 0 hörte sich gut an, denn Computer beginnen immer von 0 an zu zählen und es gab zu der Zeit weder Erfahrungswerte noch Dokumentation.

Dann aber, mit Strom versorgt, leuchtete die Anzeige am SYSTEM CONTROL PANEL das erste Mal auf. 

Ein beherzter Druck auf den Einschaltknopf und nach einigen bangen Sekunden …. 

FEHLERMELDUNG „00000001“ mit aktiver SYSTEM ATTENTION LED.

Aber es fing nicht an zu brennen!!!

Nach ein wenig Recherche im Internet, konnte ein Wartungshandbuch heruntergeladen werden. 

Hier waren hunderte von SRC codes (die Anzeigewerte des system control panels) aufgelistet, mit Hinweisen, was denn im Fehlerfall zu tun sei. Fehler 00000001 wies auf ein internes Problem des Rechner-Netzteils hin. Da es zu diesem Zeitpunkt im Gebäude nicht sehr warm war, wurde dem Netzteil mit dem Heißluftgebläse gut zugeredet. Auf Zimmertemperatur gebracht war das Einschalten kein Problem mehr und es begann der erste IPL (initial program load). 

Der stoppte jedoch fast sofort und anhand des src codes konnte ein Fehler im Bereich der Festplatten lokalisiert werden. Kein Wunder, denn eine von den beiden Festplatten fehlte. Sie war irgendwann mal kaputtgegangen und verschwand nach dem Ausbau. Aber es gab ja noch den Stapel von IBM Festplatten (andere Festplatten akzeptiert ein AS/400 nicht ), der von einer Maschine stammte, die mal überflutet worden war. Die Platten waren schnell getestet und eine einzige funktionierte tatsächlich noch. Die wurde auch gleich eingebaut und nach einem Neustart erschien schon die erste Fehlermeldung auf dem Monitor der Operator Console. 

Nach einigem Mühsal mit der weitverzweigten Dokumentation, konnte dann mit den „DST“ (dedicated service tools), der Aufbau des AUXILIARY STORAGE POOLS (ASP) begonnen werden.

Der Trick besteht darin, die im LIC, dem licensed internal code (einer Art BIOS), gespeicherten Daten der „fehlenden“ Festplatte, nach dem Einbau der neuen Festplatte, zu löschen, die Informationen der neuen Festplatte einzutragen und zu speichern. 

Dazu muss man wissen, ob es sich um ein RAID Array handelt (bei dieser Maschine nicht) und man muss die Seriennummer der neuen Festplatte kennen (steht auf der Platte drauf) um in den Dialogfenstern die Übersicht zu behalten. Der ASP konnte so wieder hergestellt werden und der Rechner war hardwaremäßig gesehen wieder O.K. Ein Seiteneffekt der ASP Aktion war jedoch, das das evtl. vorher noch vorhandene Betriebssystem nun garantiert nicht mehr da war. Die Festplatten wurden bei der Einbindung in den neuen ASP automatisch initialisiert.

Nun konnte der Rechner also immer noch nicht betrieben werden. Durch einen Riesenzufall war ein komplettes Betriebssystem verfügbar, das auch noch vom Produktionsdatum her super zu der Maschine passte. Kleiner Nachteil war die Italienische Sprache, aber zum Testen allemal gut genug. Also die Laufwerk-Test-Bandkassette in das Bandlaufwerk rein und über den DST Dialog die Betriebssystem Installation gestartet. 

Es wird natürlich sofort gemeckert, dass nicht das richtige Band im Laufwerk ist, aber es sollte ja nur die Laufwerksfunktion geprüft werden und das war erfolgreich.

Jetzt das erste Band ins Laufwerk und die Installation erneut gestartet. Es rumorte ein wenig und dann …. FEHLERMELDUNG:

Man sollte das Band mit der entsprechenden Sprache einlegen.

Die Ursache konnte nach einiger Zeit bestimmt werden. Im abgebildeten Bildschirmdialog ist die Sprache VORHER auf den Ländercode des Betriebssystems umzustellen. In diesem Fall 2932 für Italienisch. Denn, der Dialog kommt vom LIC und der erwartet vom Betriebssystem den gleichen Ländercode, auf den er eingestellt ist.

Bildschirmmeldung beim ersten erfolgreichen Installationsbeginn

Die bisherigen Schwierigkeiten waren aber nichts, verglichen mit den Problemen, die JETZT kommen sollten. Nach gefühlt 100 Anläufen, das Betriebssystem gemäß der vorliegenden Dokumentation zu installieren (auch mit Unterlagen bestand noch ein großer Interpretationsspielraum bei den Software Parametern), konnte der zweite Schritt der Installation nicht erfolgreich beendet werden.

Hier sollten, gemäß Handbuch die LICENSED PROGRAMS installiert werden. Diese sind vergleichbar mit den Programmen „FORMAT“ , „EDLIN“ , „COPY“ u.s.w. beim DOS Betriebssystem und stellen den Funktionsumfang des Systems sicher. Bei der Installation stoppte die Datenverarbeitung etwa nach dem ersten Drittel der zu installierenden Programme. Das System stoppte willkürlich und ließ sich auch nicht mehr rücksetzen. 

Also STECKER ZIEHEN, was der AS/400 überhaupt nicht mag !

Bei einem unkontrollierten Abschalten besteht immer die Gefahr, das Betriebssystem mit allen Daten unwiederbringlich zu zerstören. Teilweise wurden aber auch Fehlerberichte ausgegeben, an denen zu erkennen war, dass sich die Situation verschlimmerte. Konnte anfangs nur ein Programm nicht installiert werden, wurden es im Laufe der Zeit immer mehr. In den Handbüchern gab es keinen Hinweis und die einschlägigen Internet-Foren gaben auch nicht viel her. 

Fehlerbericht der Installation. Die weißen Felder rechts zeigen die Installationsfehler an.

Was gab es für Möglichkeiten? 

  • Stromversorgung mangelhaft. Die Überprüfung mit Oszilloskop ergab keinen Fehler
  • Betriebssystem nicht geeignet. Konnte ausgeschlossen werden, da die Maschine ursprünglich mit der direkten Vorgängerversion des Betriebssystems ausgeliefert worden war. 
  • Bandcassette defekt. Konnte nicht geprüft werden, da kein Vergleichsobjekt vorhanden war.
  • Bandlaufwerk defekt. Ebenfalls kein Vergleichsobjekt.
  • Defekt in der Rechner Hardware. Austausch des RAM Speichers stellte den Fehler nicht ab. Weitere Komponenten standen zum Austausch nicht zur Verfügung.
  • Thermischer Fehler in der Rechner Hardware. Nach dem „Warmstart“ des Netzteils, den Rechner mit externem Kühlventilator im recht kalten Gebäude betrieben. Brachte bis auf eine leichte Erkältung aber nichts ein.
Bildschirmanzeige bei „eingefrorenem“ System
Suche nach einem eventuell vorhandenem thermischen Defekt

Dann die letzte Möglichkeit. Ein FESTPLATTENDEFEKT. Sollte tatsächlich wieder eine Festplatte defekt sein???? Wenn ja, welche?

Eine der AS/400 Maschinen, die nicht betriebsbereit war, musste als Ersatzteilspender herhalten, da ORIGINAL IBM Festplatten gebraucht wurden. In Verdacht stand die „neue“ Platte, die ja aus einer überfluteten Maschine kam. Platte ausgebaut, ASP neu definiert und VOILÀ, die Routine konnte nach Installation der Licensed Programs und der PTF‘s (program temporary fixes, eine Art update) fehlerfrei beendet werden.

Die „Wasserplatte“ hatte also einen Oberflächendefekt, der sich immer mehr ausgeweitet hat, so dass immer weniger Plattenkapazität zur Verfügung stand. Es war für die Installation des Betriebssystems und der DB2 Datenbank nicht genug Plattenplatz verfügbar und es kam zu den Fehlermeldungen

Im regulären Betrieb hätte es einen Alarm gegeben, der den unzureichenden Speicherplatz angezeigt hätte. 

Daraufhin kann mit Servicebefehlen die mangelhafte Platte identifiziert und nach dem Austausch die Daten wieder hergestellt werden. Dazu braucht man aber ein funktionierendes Betriebssystem. 

Jetzt war aber endlich der Zeitpunkt gekommen, an den sich der SECURITY OFFICER an der Operator Console erfolgreich einloggen konnte.

Fehlermeldung aufgrund eines nicht stimmigen Tastatur / Codepage Eintrages

Mit dem Ergebnis, dass es sich hier um die Ultra-Minimal-Basis Installation von OS/400 handelt, die sozusagen keinerlei Programmierfähigkeiten wie CL (control language), Fortran oder „C“ hat. Die einzelnen Systembefehle konnten zwar per Hand eingegeben werden und wurden auch (größtenteils) abgearbeitet.

Bei jeder Rück- / Alarmmeldung vom System kamen jedoch mehr oder weniger große Textpassagen auf Italienisch mit, die erst mal unter Zuhilfenahme der bekannten Suchmaschine übersetzt werden mussten.  

Die Zeit drängte, denn der Verein wollte ja auf der „Classic Computing 2016“ ein Spektrum an „Mittlerer Datentechnik“ ausstellen. Der Stand war reserviert, die Unterkunft gebucht und Urlaub angemeldet. Es war nur noch keine einzige Maschine betriebsbereit.

Daher konnten für den AS/400 nur noch drei zusätzliche Benutzerterminals reaktiviert werden, von denen eines auch noch während des Testbetriebes ausfiel. Also wurde die Opertor Console von einer anderen Maschine abgebaut und als drittes „Benutzer Terminal“ konfiguriert. Fertig!!

Der Drucker konnte nicht mit, da das zu aufwändig geworden wäre.

Tastatur vor der Reinigung

Alles Gerät musste ja auch noch gründlich gereinigt werden, was manchmal auch eine Teildemontage nötig machte.

Ebenfalls konnte eine Original IBM unterbrechungsfreie Stromversorgung beschafft werden, denn die „Classic Computing“ Ausstellung sollte in einem historischen Fabrikgebäude stattfinden, wo eine einwandfreie Stromversorgung manchmal ja nicht sichergestellt sein könnte.

Der AS/400 war jetzt einsatzbereit

Was ihm jetzt nur noch fehlte, war das gewisse Etwas in Gestalt eines HAL 9000 "Auges“. Hinterhältig genug dafür war er allemal. Ein defekter LED-Spot, eine High Efficiency LED und ein wenig Kabel waren die Zutaten für den kleinen Gag, der auf der Ausstellung so manchen Besucher zum Schmunzeln brachte, aber auch einige Nachfragen und nette Gespräche .

Der AS/400 als „HAL 9000“

Diese Maschine bildet den Grundstock der IBM Ausstellung im Computermuseum. Inzwischen konnten, auch durch die Ausstellung auf der „Classic Computing“ , mehrere AS/400 Komponenten akquiriert werden, an deren Inbetriebnahme bereits gearbeitet wird. 

Als nächste Schritte sind die Einbindung von Spezialkomponenten in das AS/400 System und die Erstellung von Anwendungssoftware geplant.

Nachtrag 2022

Inzwischen konnten durch Spenden und Zukauf einige weitere AS/400 Systeme der Ausstellung zugefügt werden. Diese werden, neben vielen weiteren interessanten Exponaten, seit 2022 im neu eingerichteten Rechenzentrum des FFCG e.V. gezeigt.

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